Krankgeschrieben, Zeit zur Besinnung. Was ist schiefgelaufen, wie konnte es
so weit kommen?
Als Lord Voldemort seinen Job antrat, wuchs der
Druck und damit der Stress. Eine Situation, die ich zunächst als normal
einstufte, ist es doch sprichwörtlich, dass neue Besen gut fegen. Im Nachhinein
sehe ich dies als die erste Stufe, durch die Arbeitslast war ich abgelenkt und
er konnte in Ruhe die seine weiteren Schritte vorbereiten.
Im weiteren Verlauf bekam ich zunehmend
anspruchslose Routinetätigkeiten auf meinen Schreibtisch. Ich unterlag dem
Irrglauben, die Zähne zusammenbeißen, die Arbeit wegschaffen und gute Miene zum
bösen Spiel zu machen, sei der richtige Weg. Tatsächlich aber fraß das nur
meine Energie - der Dunkle Lord hatte überhaupt nicht vor, es dabei zu
belasseen.
Dann zeigte sich der Lord einsichtig und betraute
mich mit anspruchsvollen Projekten. Die Routinetätigkeiten blieben, die
Projekte waren nur mit vielen Überstunden zu schaffen. Mit viel zu vielen
Überstunden. Und ich konnte trotzdem keine Ergebnisse erreichen. Immer fehlte
noch eine Kleinigkeit. Und war die erledigt, kam eine andere Kleinigkeit. Oder
die Aufgabenstellung wurde im Nachhinein komplett verändert. Oder ich wurde mit
neuen, ganz dringenden Projekten betraut - ohne dass die Abliefertermine für
die bereits laufenden Projekte angepasst worden wären. Im Gegenteil,
Terminüberschreitungen wurden gnadenlos kritisiert.
Wenn ich darauf hinwies, dass ich einen Kapazitätsengpass hatte, reagierte der Lord wechselweise mit völligem Unverständnis oder mit verständnisvollen Worten - um noch am gleichen Tage die Arbeitslast weiter zu erhöhen.
Damit wurde dann auch der offizielle Teil des
Mobbings eingeläutet: Fortan hatte ich täglich Mails mit kritischen Bemerkungen,
Vorschläge von mir wurden öffentlich verrissen, vor Kollegen wurde ich mit
beißenden Bemerkungen angegangen.
An dem Punkt wurde mir klar, dass es nicht um
meine Leistung ging. Es ging nur (noch?) darum, mich fertig-zumachen. Und ich
fing an zu kämpfen. Nur war ich zu diesem Zeitpunkt bereits angeschlagen, ohne
es wahrhaben zu wollen. Wenn ich in Besprechungen mit Lord Voldemort ging, wenn
ich ihn im Telefondisplay sah, wenn ich Mails von ihm bekam, bekam ich bereits
Panikattacken. Die habe ich allerdings zu dem Zeitpunkt nicht als solche
erkannt.
Wie konnte er mich derart kalt erwischen? - Ganz
einfach, ich war nicht darauf eingestellt, dass er mich einfach fertigmachen
wollte. Viel zu lange habe ich geglaubt, es ginge nur um meine Leistung.
Hätte ich das verhindern können? - Ich glaube
nicht. Mobben ist wie Krieg (s. auch meine Buchempfehlung: Mobbt die Mobber),
und das ist (Gott sei Dank) den meisten doch fremd. Wenn man die Erfahrung
einmal gemacht hat, ist man hoffentlich für das nächste Mal vorbereitet, aber beim
ersten Mal hat der Täter eindeutig den Überraschungsmoment auf seiner Seite.
Aus dieser Erfahrung heraus kann ich nur jedem
raten, bereits bei den frühen Warnzeichen - erhöhter Druck, Verlagerung der
Tätigkeit - wachsam zu reagieren und nicht in die gleiche Falle zu tappen wie ich
es tat.
- Nick